Ahmed Mansour und Fantasien über eine “Generation Allah”

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Ist es ein Zufall oder ist es Deine neue Rolle als Sprecher des durch die Konrad-Adenauer-Stiftung gegründeten „Muslimischen Forums in Deutschland“ oder ist es vielleicht sogar eine Roadshow für Dein im Oktober erscheinendes Buch mit dem reißerischen Titel „Generation Allah“ oder aber Deine Funktion als Programm Direktor in der „European Foundation for Democracy“, die Dir unter die Arme greift?

Ahmad Mansour (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Journalisten von AlJazeera, der in Berlin von deutschen Behörden festgenommen wurde), Du hangelst dich in jedem Falle von einer Schlagzeile zur nächsten und erklärst uns Leien, wie schlimm es eigentlich um uns Muslime steht.

Wie sehr wir einen liberalen, von der islamischen Tradition losgelösten Islam brauchen, warum die meisten Muslime potentielle Terroristen sind. Läuft bei Dir. Aber wie gut kennst Du uns eigentlich? Und was ist das für ein Forum, für das Du sprichst?

Als das „Muslimische Forum in Deutschland“ gegründet wurde, gab es die Werbung gratis dazu.

Immerhin hieß es auf der Webseite der KAS „Auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung hat sich das ,Muslimische Forum Deutschland‘ gegründet.“. Das muss schon was heißen, wenn eine parteinahe Stiftung den Geldbeutel öffnet um ein neuen Spieler auf dem Markt zu platzieren.

Was genau Eure Absicht ist, wird die Zeit zeigen. Eure Vielfältigkeit bestehend aus Yeziden, Christen, „Islamkritikern“ und auch ein paar Muslimen spiegelt sich zumindest in den diskutierten Alternativen wieder, die derzeit von einer Religionsgemeinschaft bis zu einem geselligen Get-Together reichen.

Und bei allen berechtigten Bedenken, die entstehen, wenn eine parteinahe Stiftung mein deutsches Rechtsverständnis durcheinander bringt, finde ich es ok, wenn all diejenigen, die auf der Suche nach einem Luther für den Islam sind, einen Sandkasten haben, in dem sie einen TÜV-fähigen Islam formen können.

Denn am Ende entscheiden die Muslime, welchen Weg sie folgen möchten. Aber genau so ok ist auch, dass ich als in Deutschland verorteter Muslim, den Du bereits im Flugzeug nach Syrien siehst, einige Punkte Deiner Aussagen in der FAZ oder auf web.de richtigstellen, bzw. kommentieren muss.

Ich weiß zwar nicht wo ich anfangen soll, dennoch werde ich versuchen mich auf wenige Tausend Zeichen zu begrenzen.

Was Du als Mainstream-Islam bezeichnet sind die 4 Rechtsschulen im Islam, zu denen mehr als 85% der Muslime weltweit zählen.

Wir sind genervt, wir, die dritte Generation der eingewanderten Muslime in Deutschland, wir können das Wort Integration nicht mehr hören. Das Integrations-Business hat mittlerweile Ausmaße erreicht, dass man schon fast von „Too Big To Fail“ reden kann.

Auch wenn mir bis heute, nach all den Jahren an Erfahrung mit „Integrationsverweigerern“, die einfach keine Deutsche werden wollen, immer noch niemand einheitlichen definieren kann, was Integration bedeutet, läuft das Geschäft zu gut, um es abzuwickeln oder zumindest in Frage zu stellen.

Aber gut, wir haben uns daran gewöhnt, ich persönlich höre das Wort schon gar nicht mehr bzw. schalte ab, sobald es fällt.

Doch ein neues Geschäft zieht gerade auf und wird sicher bald florieren und die Umschulung von Integrationsexperten auf Islam-Experten ermöglichen: Die Extremismusprävention.

Und während Du und Deine Freunde im MFD über einen „humanistischen“ Islam in Deutschland sprecht, wissen wir Mainstream-Muslime was auf uns zukommen.

Der Beweis, dass wir „integriert“ sind, wird nicht mehr reichen, jetzt müssen wir auch beweisen, dass wir kein Ticket nach Syrien kaufen werden. Und natürlich wirst Du gemeinsam mit Deinen Freunden definieren, wie der Beweis aussehen muss, wie wir zu „humanistisch orientierten Muslimen“ werden.

Aber dann halte ich kurz inne, stelle mir Dich gemeinsam mit Kelek, Khorchide und Co. vor, wie sehr Ihr doch von der muslimischen Realität in Deutschland entfernt seid, wie ihr es immer wieder schafft mit vermeintlicher „Islamkritik“ und Forderungen nach Reformen im Islam die politische Landschaft in Deutschland von links nach rechts hinter Euch zu scharen.

Nein Ahmad, Ihr seid „kein Produkt der Konrad-Adenauer-Stiftung“, Ihr seid Nutznießer eines Rechtsrucks, der Euch eine Bühne bietet, solange Ihr die Schlagwörter wie „deutscher Islam“ wiederkäut.

Aber bei der Definition dieser Worte müsst auch Ihr zucken, denn Ihr könnt nicht aussprechen, was Ihr eigentlich sagen wollt. Noch nicht.

Und Ahmad, wir beharren nicht auf der „Opferrolle“, wir sind nicht Opfer sonder Bürger, Muslime in Deutschland, die weiterleben, die ihre Höhen und Tiefen haben, die aus einer Gastarbeitergeneration Arbeitgeber, Akademiker, Politiker oder Künstler hervorgebracht haben, Menschen die ohne Finanzierung von Stiftungen und „demokratischen“ Think-Tanks über 2.500 Moscheegemeinden aufgebaut haben.

Wir sind stark lieber Ahmad, wir sind Muslime in Deutschland, für Deutschland.

Die „Generation Allah“, wirklich?

Ich frage mich, woher kommen stets diese tollen reißerischen Titel? „Deutschland schafft sich ab“, „Zum Töten bereit“ oder „Generation Allah“. Du merkst Ahmad worauf hinaus möchte?

Du sprichst von einem „problematischem Gottesbild“, vermittelt in den allermeisten Verbänden in Deutschland, etwas was nichts in einer Demokratie verloren hat. Ein Gottesbild, was vor allem von „Angstpädagogik“ geprägt ist.

Paradox, dass Du und Deine Freunde das immer betonen, während Eure Bücher durchzogen sind von Panikmache und Angsterziehung.

In einer scheinbar an radikalisierte muslimische Jugendliche verlorenen Gesellschaft, präsentiert Ihr Euch als alleinige Versteher und Lösungspartner des Problems. Dass das die Aufträge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beflügelt, ist gewiss.

Aber auch der gesellschaftliche Schaden ist immens, denn deine Definition für „Radikalität“ ist so schwammig, dass die meisten Muslime in Deutschland in das Raster bzw. Kundenklientel passen, die muslimischen Verbände werden plötzlich zur Zielscheibe und das MFD kann dann doch noch zu einer Alternative werden. Es ist ein einfaches Weltbild mit guten und schlechten Muslimen, ähnlich einfach wie das der Salafisten.

Und zur „Generation Allah“ lieber Ahmad, ja es ist korrekt, wir haben ein Problem mit der radikalen Strömung des Salafismus und ja wir haben Jugendliche auf der Straße, die wir nur schwer erreichen und die ein gefundenes Fressen für die Face-to-Face oder digitale Radikalisierung durch salafistische Wanderprediger sind.

Die Frage, warum Du mit subtiler Panikmache diese Jugendlichen zur einer ganzen „Generation“ zählst und dem ganzen mit dem Namen des Schöpfers etwas mehr Brisanz verleihst, stelle ich nicht mehr.

Schuster bleib bei Deinen Leisten – lieber Ahmad, Du bist kein Islam-Experte.

Nach der Pflicht kommt die Kür und nach der Extremismusprävention kommt die Islam-Reform.

Ob wir einen Luther im Islam brauchen? Ein Freund antwortete einst auf diese Frage mit „Nein, wir lehnen Antisemitismus ab“. Stattdessen brauchen wir mehr deutschsprachige Gelehrte im Islam, die gemäß der islamischen Gelehrtentradition, eine von Muslimen anerkannte und respektierte Idschaza, eine Lehrerlaubnis, haben.

Gelehrte, die eben nicht zuerst das Ziel definieren, um dann den Koran und die Hadithe zielgerecht auszulegen.

Letzteres, lieber Ahmad, nämlich die willkürliche Koranexegese losgelöst von der islamischen Gelehrtentradition, ist die Methode der Salafiten, aber auch der vermeintlich liberalen Muslime und Modernisten.

Auch das Schwarz-Weiß-Denken, die Einteilung der Welt in Gut und Böse oder die Aussortierung „guter“ Muslime von den „schlechten“ Muslimen, sind Denkmuster, die vermeintlich „liberale“ Muslime mit den Salafiten gemein haben.

Das Ergebnis dieser Denkweise sind u.a. Deine Schlussfolgerungen über das „problematische Gottesbild“ der meisten Muslime in Deutschland, das Gottesbild, „wo Gott bestraft, wo Gott mit der Hölle droht.“ Natürlich hast Du das politisch korrekte Gottesbild durchdrungen und wirst uns mit Deinem Buch und Deinen dutzenden Talk-Show-Auftritten erhellen.

Die Zielgruppe bleibt die gleiche, wie bei den Salafiten, die labilen jungen Muslime, denen sozialer Halt in einem ignoranten Umfeld fehlt und alle Anhänger der „Wenn-der-Islam-bleibt-dann-so-wie-wir-ihn-wollen“ Fraktion, denen der Islam wieder Zusammenhalt von links nach rechts gegeben hat.

Auch die Reaktion bleibt die gleiche, nämlich werden die labilen jungen Muslime in ihren Feindbildern bestätigt, weil Du sie nicht dort abholst, wo es nötig ist und die Anti-Islam-Bewegung fühlt sich in Ihrem unersättlichen Drang bestätigt, Khorchide oder einen Protagonisten doch als Luther zu etablieren. Der Gesellschaft und den Mainstream-Muslimen ist nicht geholfen.

Sie sind verwirrter als zuvor, vielleicht sogar eingeschüchtert und meiden nun den „Anderen“.

Ich sage, Schuster bleib bei Deinen Leisten, überlasse die Theologie den muslimischen Gelehrten und stelle Dir die Frage, warum die Jugend in meinem Land keine Lust mehr auf politische Teilhabe, Familie, Aufopferungsbereitschaft, Ehrenamt, Juden, Moslems, Ausländer oder Deutsche hat, sich in allerlei Extremitäten stürzt und durch die demonstrative Nicht-Teilhabe an der Gesellschaft, still gegen die fehlenden Inhalte der gesellschaftlichen Ordnung rebelliert.

Du wirst erkennen, dass die Motivation die Gleiche ist, aber je nach Herkunft oder Umfeld ein anders Label hat, sei es NSU, PEGIDA oder die Salafiten.

Mehmet Alparslan Çelebi
Blogger / Social Activist / Refugees Activist / Speaker for Topics on Muslim & Turkish Identity in EU

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